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Dienstag, 25. August 2015

Borderline Persönlichkeitsstörung

Ich sehe jetzt schon, der Post wird ziemlich umfangreich.

Mir wurde BPS von meinem Therapeut und dank einem kurzen Aufenthalt in der Psychiatrie, diagnostiziert.

Ich war von Anfang an nie begeistert von der Diagnose. Anfangs habe ich mich noch dagegen geweigert, doch mittlerweile sehe ich es "nur" noch als eine Diagnose, die nicht stimmen muss hihi :)

Ich weiß ganz ehrlich nicht mal, wo ich anfangen soll. Daher fang ich mit dem an, woran die meisten Menschen bei dem Begriff Borderline denken: Selbstverletzung (SVV, "das Ritzen"). Nicht jeder Borderliner ritzt sich und nicht jeder, der sich ritzt ist Borderliner. Und Selbstverletzung ist nicht nur Ritzen. Es gibt viele Formen. Manche verletzen sich auch unterbewusst. 

In meinem Fall ist es tatsächlich unter anderem das Ritzen. Zum Glück beschränkt dies sich nur auf meinen linken Unterarm. Angefangen habe ich mit 15. Ich kann mich aber nicht mehr genau erinnern wann und wieso. Mit 16 war es schon zur Gewohnheit geworden und mit 19 hörte ich auf. 2 Jahre lang. Es fing mit dem Küchenmesser an, ging über zum Rasierer, bis ich die schönen extrem scharfen Rasierklingen fand. Da ich damit keine Erfahrung hatte und nicht wusste WIE scharf die Dinger sind, schnitt ich erstmal viel zu tief und bekam Panik. Ich fand dann aber heraus, wie fest man drücken durfte und wie tief die Wunde dann sein würde. Solche Rasierklingen benutze ich leider bis heute noch. Und durch diese fiesen Biester kam ich auch zu meinem Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie, nachdem mein Freund mich blutend in meinem Zimmer fand, weil ich alles nicht mehr aushielt.

Eine andere Methode, die ich benutze, ich das Verbrennen mit dem Feuerzeug. Ich denke, das erklärt sich von selbst. Aber oft bestrafe ich mich auch einfach, weil ich nicht gut genug bin, und verbiete mir etwas. Oder bringe mich mit Absicht, in Situationen, in denen es mir schlecht geht.

Ja, ich raste auch ganz gern mal aus und habe oft keine Kontrolle über meine Gefühle. Es kam schon vor, dass ich in meiner Wohnung randaliert habe und Tassen und Teller und alles mögliche die Treppen hinunterwarf und mich mit allem, wann scharfkantig war, selbstverletzte.

Was ich persönlich aber schlimmer als das "Ausrasten" finde, ist das Gefühl der Leere. Es quält mindestens so viel wie die Depression. Man ist stumpf. Auch wenn es "Leere" heißt, ist es doch ein Gefühl. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich habe oft das Gefühl, dass es mir an manchen Tagen total egal wäre, wenn etwas total schlimmes oder total gutes passieren würde. 

Und wenn ich nicht gerade Leere verspüre, dann habe ich extreme Angst vor dem Verlassensein. Ich würde so gut wie alles tun, um zu verhindern, dass mich jemand verlässt. Daher neige ich zu extremen Wutausbrüchen und dramatischen Eifersuchtsszenen. 

Wie viele mit BPS weiß ich einfach nicht wer ich bin. Ich kann mich nicht beschreiben und habe einfach keine Ahnung. Viele von euch werden diese Identitätsstörung kennen. 

Ich dachte, ich schneide das Thema einfach kurz an, da es viel zu viel für einen Post wäre. Im Laufe der Tage werde ich zu den einzelnen Symptomen etwas schreiben und einiges aus meineen Therapieerfahungen schreiben. 

Zwangsstörung

Es ist äußerst schwer, diesen Beitrag zu scheiben. Denn wenn ich über meine Zwänge nachdenke, werden sie natürlich stärker. Allein die Überschrift musste ich viermal neu schreiben. Vier ist allgemein "meine Zahl". In manchen Dingen zwei.

Ich wasche mir jedesmal zweimal die Hände und das ca. 50 mal am Tag.
Wenn ich einen Raum betrete oder verlasse, muss ich den Türrahmen viermal berührer.
Ich muss Lichtschalter, allgemein Knöpfe, die Lösch-Taste an der Tastatur viermal drücken.
Ich muss Bilder, die ich auf Facebook aussehe viermal berühren.
Ich habe eine bestimmte Art Wäsche aufzuhängen.
Ich muss beim Trinken immer vier Schlücke nehmen.

Ich könnte da jetzt ewig weitermachen, aber ihr wisst was ich meine. Das sind die typischen Zwangshandlungen, die man von jemandem mit einer Zwangsstörung kennt.

Ich habe oft versucht, diese sinnlosen, dummen "Rituale" zu lassen. Aber es ging nie länger als einen Tag gut. Je schlechter es mir geht, desto dominanter sind auch die Zwangshandlungen.

Dann gibt es aber noch Zwänge, die man nicht sieht. Und zwar Gedankenzwänge, oder Zwangsgedanken.

Hier sind es meistens angsteinflößende Gedanken. Ich MUSS mir wenn ich am Bahngleis stehe und der Zug einfährt immer vorstellen, dass ich davor springe. Und auch wenn ich den Gedanken nicht will, muss ich mir das ganze immer wieder im Kopf vorstellen. Immer wieder. Mir fällt es auch sehr schwer in Stillen Räumen mit Menschen zu sein. Besonders wenn man seriös sein muss. Dann habe ich immer den Drang laut loszuschreien und vulgäre Begriffe zu benutzen. Obwohl ich weiß, dass ich dies nicht tun werde, drängt mich mein Kopf dazu. Natürlich mache ich das nicht. Aber in solchen Momenten habe ich extrem Angst, die Kontrolle zu verlieren.

Es tut mir leid, dass ich hier schon mit dem Post aufhören muss, aber mehr kann ich leider nicht schreiben, denn ich würde nicht damit klarkommen, diese Dinge zu schreiben.

Depression

Das ist ein Begriff, mit dem jeder meint, etwas anfangen zu können.

Die meisten stellen sich einen traurigen Menschen vor, der schlecht gelaunt ist und oft weint.

In gewissen Hinsicht ist das schon richtig, aber er wäre zu einfach, das so stehen zu lassen. 

Meine Grundstimmung ist leider meistens schon eher traurig oder gedrückt. Es gibt aber auch Tage an denen geht es mir einigermaßen gut. Es gibt wieder solche Tage. Das hätte ich mir vor einem Jahr nicht vorstellen können. Damals (und ca. 4 Jahre davor) kann ich mich nicht daran erinnern einen halbwegs glücklichen Tag gehabt zu haben. 

Viele denken eine Depression ist so ähnlich wie deprimiert sein. Ich dachte auch lange Zeit so ähnlich. In meiner Jugend hatte ich depressive Episoden. Das heißt es ging mir wochenlang extrem schlecht, aber ich bin irgendwann doch aus der Depression rausgekommen. Zwar meistens nur wenige Tage, aber es gab auch gute Tage. Und selbst da konnte ich mir noch nicht im geringsten vorstellen, wie eine echte Depression ist. 

Sie ist auch schwer zu beschreiben. Aber sie ist immer da. Sie verfolgt einen und lässt nicht los. Man kann nicht vor ihr fliehen. Sie will all deine Zeit in Anspruch nehmen. Sie will, dass du nicht mehr rausgehst und keine Freude mehr am Leben hast. Sie will dass dein Herz schmerzt und brennt und sich eine Tonne schwer anfühlt. Sie dominiert deinen Alltag und lässt dich in der Nacht wach liegen. Sie nimmt dir jede Motivation. Und jeden Willen zum Überleben. Sie nimmt dir jede Perspektive und lässt dich nur die Verzweiflung spüren. Sie kostet dich alle Kraft. Denn traurig sein ist anstrengend. Sie lässt dich den letzen Sonnenstrahl beim Sonnenuntergang am Horizont sehen, weigert sich aber dich den Sonnenaufgang sehen zu lassen. Sie nimmt immer mehr und mehr Platz ein und verdrängt dafür anderes.

Ich könnte stundenlang weiterschreiben und doch nicht die unendliche Verzweiflung und Trieftraurigkeit beschreiben. Die Depression ist ein schwarzes Loch und man wird erbarmungslos hineingezogen. Festhalten hilft nicht.

Und dann gibt es Menschen, die tatsächlich nicht verstehen, dass es manche Leute nicht mehr aushalten und sich das Leben nehmen wollen. Natürlich ist das nicht die Lösung. Aber nur wenn man selbst in so einer Lage war, kann man es nachvollziehen.

Derealisations- und Depersonalisationssyndrom

Wenn ihr mit dem Begriff nichts anfangen könnt, dann würde ich gerne mit euch tauschen! Es ist von all meinen Krankheiten die schlimmste und die, die die wenigsten Menschen verstehen. Selbst Menschen, dessen Fachgebiet im Bereich Psychologie oder Psychiatrie liegen, können  oft nichts damit anfangen. Wenn man Glück hat, hat jemand schon mal darüber gelesen oder irgendwann mal was davon gehört.

Beschreibungen wie, "ich fühle mich wie hinter einer Glaswand" oder "ich fühle mich wie in einem Traum" oder "ich erkenne mich selbst im Spiegel nicht mehr" oder "es ist alles unecht oder unwirklich" oder "ist das noch die Realität?", beschreiben dieses Erleben nur grob. Doch leider gibt es keine Worte, die den Zustand wirklich beschreiben könnten.

Es ist das gruseligste, das ich jemals erlebt habe.

Wie im vorangegangenen Post schon erwähnt, fing alles mit Panikattacken an. Als ich eines morgens dann nicht mehr ich war und meine Wohnung nicht mehr wiedererkannte, bin ich ausgeflippt. Ich denke, das kann man verstehen. Mein Freund dachte ich übertreibe und nahm es erst auf die leichte Schulter. Doch nach und nach begriff er, dass die Lage wirklich ernst war. Ich verbrachte Monate nur in der Wohnung, genauer gesagt, im Schlafzimmer.Ich konnte nicht in den Spiegel schauen. Meine Gedanken kreisten ständig, aber ich konnte keinen Gedanken fassen. Ich sah manchmal Muster an den Wänden.  Ich konnte kaum essen und erst recht nicht schlafen. Ich lag jede Nacht mit meinem Laptop wach und sah mir etwas an oder las etwas, um mich abzulenken. Ich stieß auf ein Angstforum, in dem ich tatsächlich ein paar Menschen fand, die das gleiche Leiden hatten. Und ich stieß auf die Begriffe Derealisation und Depersonalisation.

Nachdem ich alles nicht mehr ertrug, rief ich in der Psychiatrie an und bekam einen Termin für den nächsten Tag. Ich war mir sicher, mir würde gleich gesagt werden, ich sei total verrückt und müsste weggesperrt werden.

Zu meiner Überraschung kam alles anders. Die Psychiaterin war nett und konnte meinen Zustand auch gleich einordnen und bestätigte mir, dass es sich um das Derealisations- und Depersonalisationssyndrom handelte. Mir wurde Citalopram verschrieben. Ein Antidepressivum! Wer hätte gedacht, dass ich so etwas mal nehmen müsste?! Es machte mir unglaublich Angst.

"Lesen Sie sich die Nebenwirkungen nicht durch, wenn Sie eh schon so ängstlich sind", war der Rat der Psychiaterin. Da hätte ich wohl drauf hören sollen. Denn die Nebenwirkungen klangen nicht schön.

Doch ich wusste, dass es kein Drumrum gab. Daher packte mein Freund mich ins Auto und fuhr mit mir in eine andere Stadt, um mich abzulenken, nachdem ich die erste Tablette genommen hatte. Die Idee war gut, denn ich war wirklich kurz abgelenkt, doch leider bekam ich mitten in der Stadt eine riesige Panikattacke und wir mussten wieder heimfahren.

Die nächsten Tage mit dem Medikament waren schrecklich. Einen Tag später lag ich im Bett und weinte. Mein Freund fragte mich, was denn los war. "Ich kenne dich nicht mehr, ich weiß nicht, wer du bist!". Er rief in der Psychiatrie an, um nachzufragen. Sie meinten, solange ich neutral sagen kann, wer er ist, wie es heißt, wo er wohnt, dann ist alles "in Ordnung".

Doch irgendwann wirkten die Tabletten. Die Tabletten waren meine Rettung. Mein Gedankenkarusell war weg. Ich konnte schlafen und essen. Nach und nach verschwanden die Symptome. Zwar nicht ganz, aber weitesgehend. Auch heute kommt es noch vor, dass ich dort wieder hineinrutsche. Aber ohne die Medikamente hätte ich es nicht raus geschafft.

Ich finde nicht, dass man generell bei psychischen Krankheiten immer Medikamente nehmen soll, aber es gibt Fälle, da ist es notwendig. Also, wenn es euch wirklich schlecht geht oder ihr suizidal seid oder sonst etwas...zögert nicht, Psychopharmaka zu nehmen! Bei vielen dauert es lange, bis man das richtige Medikament gefunden hat, aber irgendwann hat man es. Die modernen Psychopharmaka sind wirklich gut und verträglich.

Mittwoch, 19. August 2015

Meine Angststörung

In den folgenden Posts möchte ich meine Krankheiten genauer beschreiben. Hierbei handelt es sich um meine eigenen Erfahrungen.

Ich war schon immer ängstlich. Schon als Kind hatte ich Angst, verlassen zu werden. Von jedem. Ich konnte nicht alleine Zuhause bleiben oder einfach alleine im Garten spielen. Ich musste immer meine Eltern dabei haben. Daher kann man verstehen, dass der Kindergartenbesuch für mich ein Trauma war. Ich habe zwar mit den anderen Kindern gespielt, hatte aber immer Angst, mal nicht abgeholt zu werden. Dies ist tatsächlich nie passiert und ich kann mir die Angst nicht erklären.

Die Angst zieht sich durch mein ganzes Leben.

Doch mit ca. 22 Jahren wurde es erst richtig zum Problem. Ich bekam aus heiterem Himmel nachts eine Panikattacke. Ich konnte nicht einordnen, was gerade mit mir geschah. Ich schwitzte und fühlte mich furchtbar. Ich hatte das Gefühl nicht mehr ich selbst zu sein und flüchtete aus dem Schlafzimmer. Mein besorgter Freund lief hinterher. Er wollte mich beruhigen, aber ich schrie die ganze Zeit nur:" Bitte helf mich, bitte helf mir!" Es war schrecklich und es dauerte Stunden, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Dies geschah noch einige Male, bis ich eines Tages einen noch schlimmeren Zustand hatte. Und dieser war permanent. Der Zustand nennt sich Derealisations- und Depersonalisationssyndrom. Dazu komme ich in meinem anderen Post.